Ein weiterer interessanter Tag an und auf der Nordsee erlebt.
Das Leben hier wird stark von Ebbe und Flut beeinflusst. Nicht alles kann zu jeder Zeit gemacht werden. So zum Beispiel der Besuch der Insel Juist. Die Flut hatte gerade ihren höchsten Stand erreicht, als wir mit der Fähre aus dem Hafen fuhren. Zwischen dem Festland und der Insel gibt es keine Fahrrinne, die für das Schiff immer tief genug ist. Es ist deshalb darauf angewiesen, um die Zeit des Hochwassers ausfahren zu können. Gegen Ende der knapp 1 1/2 stündigen Fahrt sucht sich denn das Schiff auch den Weg zwischen den Sandbänken in den Hafen von Juist. Eine Slalomfahrt mit teils recht engen Kurven für das grosse Schiff. Doch wir kommen zeitgerecht an, die Pferdekutsche bringt uns ins Dorf, wo wir mit unserer Wanderung beginnen können.
Juist ist etwa siebzehn Kilometer lang und damit auch die längste der ostfriesischen Inseln. Vieles darauf ist Gebiet des Nationalparks Wattenmeer. Uns interessiert heute der Hammersee, ein langsam verlandender Süsswassersee.
Der Hammersee entstand in Folge eines Dammbruches bei einer der ganz grossen Sturmfluten. Die gebrochenen Dämme wurden danach wieder repariert. ZurĂĽckgeblieben ist ein kleiner See. Er ist nur etwa einen Meter tief und noch gut einen Kilometer lang. Der starke Schilfwuchs und der von den DĂĽnen herangetragene Sand tragen zu seiner Verlandung bei. “SĂĽss” geworden ist er wegen des Regenwassers, das nicht mehr ins Meer zurĂĽckfliessen kann. Auch er gehört zum Nationalpark Wattenmeer. Man will nicht verhindern, dass er langsam verlandet.
Unsere Wanderung geht weiter an das westliche Ende der Insel. Wir durchqueren richtige Wälder, aber auch viel GebĂĽsch. Im Jahre 1899 konnte der Teil der Insel als Vogelkolonie unter Schutz gestellt werden. Damals war es Ziel, die Vogelvielfalt zu erhalten. Man pflanzte dazu ĂĽber 50’000 Bäume. Heute ist man mit diesem Entscheid nicht mehr richtig glĂĽcklich. Man möchte Natur, Natur sein lassen. Der Wald wird deshalb nicht mehr gepflegt. Totes Holz bleibt tot und bleibt liegen. Damit bietet es aber auch einen Lebensraum fĂĽr totholzbewohnende Insekten. FĂĽr die Touristen und Wanderer sind an manchen Stellen nur gerade mannshohe Durchgänge durch den “Dschungel” herausgeschlagen.
Mittagessen nehmen wir in der Domäne Bill ein, bevor wir den Rückweg nach Juist, auch heute wieder grösstenteils auf dem Sandstrand, entlang des Meeres unter die Füsse legen.
Im Gegensatz zu gestern, kommen wir in den Genuss von Rückenwind. Ein gemütlicher Marsch, ohne all zu viel Anstrengung, entlang von Wasserrinnen, auf fast hartem Sand, mehrere Kilometer lang. Unter den Füssen zerbröseln die Muscheln. Ein paar Möwen suchen entlang des sich immer noch zurückziehenden Wassers ihre Würmer und Muscheln zusammen. Irgendwie idyllisch. Ich hänge meinen eigenen Gedanken nach. Ein Fuss setzt sich fast automatisch vor den anderen Fuss. Eine Stunde lang, mindestens.
In Juist treffen wir uns später wieder zur gemeinsamen Fahrt auf dem Pferdefuhrwerk zum Flugplatz. Weil das Meer mittlerweile zwar wieder in der Phase der Flut ist, aber noch lange nicht den Wasserstand erreicht hat, dass unser Schiff ausfahren könnte, werden wir mit dem Flugzeug, einer Art Inseltaxi wieder auf das Festland zurück gebracht.
Bei den knapp 1600 Einwohnern auf der Insel genügt auch ein kleiner Flugplatz. Der achtplätzige Flieger wird für unsere Gruppe vier Mal hin und her fliegen. Fünf Minuten, während denen wir nochmals einen letzten Blick auf die Insel Juist und sogar auf die Nachbarinseln werfen können. Leider habe ich einen etwas ungeschickten Platz erwischt. Kleines Fenster, hinter dem Propeller. Da sieht zwar das Auge noch etwas durch den Grauschleier des rotierenden Propellers, doch der Fotoapparat sieht vor allem den Propeller, aber kaum das Land darunter.
HM | |||
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