Heute haben wir uns von unserer Wandergruppe getrennt, und gingen unsere eigenen Wege. Uns interessierte die Stadtführung durch Norden, Ostfrieslands älteste Stadt. Es sollte eine Krimitour werden, durch die Stadt der Ann Kathrin Klaasen. Diese Tour fand allerdings erst im Verlaufe des Nachmittags statt. Wir hatten noch viel Zeit.
Wir wanderten von Norddeich Mole, vom äussersten Rand zum Wattenmeer, etwas südwärts über Norddeich nach Norden. Eine gute Stunde Marschzeit. Mitten in Norden wussten wir, dass sich dort das Teemuseum befindet. Alles über die ostfriesische Teekultur war dort erklärt. Aber auch über die Teeherstellung, die ersten Teetransporte von China um Südafrika herum über England bis nach Norddeutschland. Das ganze Porzellan über Teetassen, Krüge, Stövchen usw.
Der Höhepunkt aber war, die Teilnahme an einer ostfriesischen Teezeremonie:
Kompetent, aber auch sehr anschaulich und liebevoll wurde uns erklärt, wie die Zeremonie vorbereitet wird. Wieviel Teekraut in den Krug gegeben werden muss, wie lange der Tee im heissen Wasser ziehen muss, dass die Krüge und Tassen immer so bemessen sind, dass es genau für drei Portionen reicht. Es muss kandierter Zucker verwendet werden, denn nur der gibt das schön knisternde Geräusch von sich, wenn er mit heissem Tee übergossen wird.
Der Teegenuss des Ostfriesen ist grundsätzlich drei teilig: Über das Stück Candis wird der heisse Tee gegossen. Danach gibt man mit einem Teelöffel ein bisschen Rahm, mindestens 30% Fettgehalt, dazu. Den Rahm lässt man im Gegenuhrzeigersinn dem Rand der Tasse entlang langsam vom Löffel tröpfeln. Es bilden sich kleine Wölkchen im Tee. Der Tee sollte nicht umgerührt werden, denn nur so, wird der erste Schluck zwar heiss, aber etwas liebliches an sich haben. Beim zweiten Schluck soll dann die eher bittere, reine Teemischung genossen werden können. Beim dritten Schluck wird das Süsse des Zuckers überwiegen. Zur ersten Tasse Tee wird auch kein Gebäck gegessen. Man geniesst alleine den Tee.
Nach der dritten Tasse, falls man genug getrunken hat, stellt man den Löffel in die leere Tasse.
Unser Mittagessen nahmen wir in einem nahen Kaffee ein. Milchreis mit Zucker und Zimt und heissem Kirschenkompott und, wen wundert’s, mit einer Portion Ostfriesen-Teemischung aus dem Kännchen.
Es wurde langsam Zeit fĂĽr die Stadtbesichtigung, beziehungsweise fĂĽr die Krimitour.
Klaus-Peter Wolf, DER Krimiautor von Ostfriesland, gab dazu den Stoff ab. In seinen Büchern spielt sich das Leben oft in dieser Gegend ab. Zur Lösung seiner Fälle setzt er die Kommissarin Ann Kathrin Klaasen ein. Im Wesentlichen ging die Tour rund um den Markplatz von Norden. Immerhin Norddeutschlands grösster, begrünter Markplatz mit den meisten Bäumen darauf. Deshalb auch das grüne Tor zum Meer.
Während die eine Dame der Stadtführung immer wieder Passagen aus den Büchern von Klaus-Peter Wolf vorlas, ergänzte die andere Dame der Stadtführung diese Geschichten mit den entsprechenden historischen Hinweisen.
Wie zum Beispiel bei diesem Haus. Ein Haus aus dem Jahre 1617. Die Front dürfte noch die alte Fassade sein, das Gebäude dahinter ist aber komplett umgebaut worden. Heute befindet sich die Polizei darin. Links das Wappen der ehemaligen Besitzerfamilie, rechts die Farben der Stadt Norden (Blau und Gelb).
Es geht aber nicht alleine nur um die Gebäude, sondern auch ein bisschen um das Leben der Figuren in den Büchern von Klaus-Peter Wolf. Nur wenige Meter von hier entfernt, erhalten wir ein Matjes-Brötchen. Im Krimi wird uns vorgelesen, dass aus dieser Bäckerei Matjes-Brötchen ins Spital gebracht wurden. Dabei betrachten wir nicht nur diese alte Bäckerei, sondern auch gleich die Gasse zum Marktplatz hinüber. Wir stellen fest, dass sich trotz all der Jahre, kaum etwas verändert hat. Das Hotel ist immer noch ein Hotel, heisst heute zwar anders, ist aber auf der alten Foto durchaus noch erkennbar.
An der Strasse zwischen Amtsgericht und ehemaligem Dominikaner Kloster versucht der Verbrecher einen Stein mit seinen Fingerabdrücken los zu werden. Daraus wird dann für uns als Touristen, eine Partie Boszelspiel, ähnlich unserem Boccia.
In den BĂĽchern wird viel Wasser getrunken, meist Ansgari-Wasser. Auch dazu erhalten wir einen Schluck aus einer gekauften Flasche, natĂĽrlich neben einem der heute noch bestehenden Ziehbrunnen.
Auch das schönste Renaissance-Haus, ein Bürgerhaus, komplett aus Sandstein gebaut, finden wir auf diese spielerische Art von Stadtführung.
Am meisten überraschte uns aber, als wir vernahmen, dass der Autor einen Grossteil seiner Bücher in diesem Café geschrieben hat, in dem wir unser Mittagessen eingenommen haben:
Auch heute noch, soll sich der Autor ab und zu in diesem Café zum Schreiben einfinden. Das Problem ist einfach das, mittlerweile ist er mindestens in der Gegend bekannt. Er kann sich kaum in Ruhe seiner Arbeit widmen und muss dauern Autogramme unterschreiben. Nur der Bäcker, der hat volles Verständnis für ihn und versucht ihn zu schützen.
Zum Abschluss der Runde kommen wir noch in den Genuss einer Portion Marzipan. Eine Scheibe des Seehundes, der auch bei der Lösung von Kriminalfällen mithilft.
HM | |||
---|---|---|---|
Grad |
Grad |
3 Kommentare
Schreibe einen Kommentar →