Dass unser ÖV während der Rushour ein Kapazitätsproblem hat, ist ja bekannt. Man, also die bezahlenden Passagiere, haben sich mittlerweile mehr oder weniger gelassen mit dem Umstand arrangiert, dass um Ballungszentren herum, halt oftmals eine Fahrt auch stehend auszuhalten ist. Sooo lang, sind bei uns die Distanzen ja in der Regel auch nicht. Oftmals hilft es allerdings auch schon, wenn man entgegen der Masse der Passagiere, am anderen Zugsende einsteigt. Da kann man vielleicht noch Glück haben, und gegen den Aufwand eines längeren Fussmarsches entlang des Zuges, vielleicht doch noch einen Sitzplatz ergattern. So lange einfach, bis das genügend andere auch gemerkt haben. Irgendwie selbstregulierend die Sache.
Doch seit dem Fahrplanwechsel Anfang Dezember ist dieses schöne Schema ein bisschen durcheinandergeraten. Der Zug fährt nicht mehr auf Gleis 5 ein, sondern auf Gleis 3. Vermutlich wegen der Bauarbeiten ausserhalb des Gleises 6. Das ginge ja noch. Zusätzlich fährt er auch nicht mehr bis ans Perronende wie früher auf Gleis 5, sondern die Lok steht in der Regel in der Nähe des Endes des Perrondaches fast neben dem Aufgang aus der Personenunterführung. Da mag die SBB Gründe dafür haben, so viel früher stehen zu bleiben.
Einige, viele der Passagiere haben das auch nach einem Monat noch nicht gemerkt, oder wollen es immer noch nicht für wahr halten. Jeden Tag marschieren sie deshalb zurück vom Perronende zum ersten Wagen. Klar. da entsteht bei der ersten Wagentüre ein Riesengedränge. Schon alleine deshalb, weil der erste Wagen bei weitem nicht so viele Passagiere aufnehmen kann, wie da bereitstehen oder zurückgeeilt sind.
Soweit die Ausgangslage.
In der Regel fährt der einfahrende Zug in sehr gemächlichem Tempo an diesem überfüllten Perron vorbei bis zu seinem Haltepunkt. Auch dafür mag die SBB ihre Richtlinien und Anweisungen haben. Die gelten aber vielleicht nur für diese Seite des Perrons, denn auf der anderen Seite fährt ein anderer Zug in forschem Tempo rein und hält dennoch an seinem vorbestimmten, immer gleichen Ort an.
Jedenfalls steht der Zug dann doch endlich still, es dauert einen Moment bis die Türen doch noch aufgehen. Mittlerweile ist die geplante Abfahrtszeit um mindestens eine Minute vielleicht auch schon zwei, überschritten. Die Passagiere besteigen den Zug, wie ich meine normal, denn alle haben in der Zwischenzeit gelernt: Sitzplatz gibts nur für die Ersten, Drängeln bringt also grundsätzlich nichts. Ich habe das Glück bei den ersten zu sein und finde auch noch einen Sitzplatz.
Es dauert noch einen Moment, der Zug macht einen Ruck, fährt vielleicht 10 Meter und steht wieder still. Ein Raunen geht durch die Sitzreihen. Das blaue Licht ĂĽber der TĂĽre blinkt auf: “Hier spricht der LokfĂĽhrer” tönt es dann aus dem Lautsprecher. Sinngemäss gibt er dann von sich, dass die noch nicht eingestiegenen Passagiere gefälligst draussen zu bleiben haben, wenn er den Zug in Bewegung setze.
Das scheint im ganzen Wagen niemanden zu stören. Die meisten sind sowieso mit ihren Kopfhörern und “What’s app” beschäftigt. Aber wollte der jetzt gerade abfahren? mit offenen TĂĽren an einem ĂĽberfĂĽllten Zug? und einen Teil der bezahlenden Passagiere draussen im Schneegestöber stehen lassen? Dies, nachdem er in aller Seelenruhe und mit Verspätung entlang des Perrondaches geschlichen ist?
Verstehe ich nicht. Aber war vielleicht sowieso nur mein Problem. Mein Akku am Handy hat den Tag nicht überstanden und so hatte ich vielleicht zuviel mitbekommen, was um mich herum so läuft.
Auch heute war ich noch kurz auf der Rolle:
HM | |||
---|---|---|---|
Grad |
Grad |