Harter Tag. Wahrscheinlich macht mir die Hitze doch mehr aus, als ich das bis jetzt wahrhaben wollte. Auch der literweise Wasserkonsum, scheint dem Magen nicht nur wohl zu bekommen.
Das Morgenessen im Hotel Promenade in Sierre war sofort verspiesen, hatte ja keine besondere Auswahl. Abfahrt deshalb heute schon kurz vor acht. Das gestrige Gewitter hatte sich schon längst verzogen, die Morgensonne erreichte gegen acht Uhr gerade den Talboden im Wallis. So fuhr ich denn in gemächlichem Tempo weiter auf der Kantonsstrasse nach Brig hinauf.
In Brig lenkte mich das GPS auf die alte Simplonstrasse. War eigentlich keine schlechte Idee, denn die neue Passstrasse war überfüllt mit schweren Lastwagen. Nur: die alte Passstrasse ist viel steiler als die Neue. Da ich mich auf einen längeren Fussmarsch eingestellt hatte, zog ich auch meine Mountainbike-Schuhe an. Damit kann deutlich besser marschiert werden als mit den Rennschuhen. Aber was heisst hier denn marschieren? Das überschreiten, alleine der 1000 Höhenmeter-Linie zog sich in die Länge und wurde zur Qual. Die Wälder so dürr, als würden sie sich demnächst selbst entzünden. Kein frisches Wasser, keine Beiz, nichts. Die Bananen gegessen, die Schokolade schmeckte bereits fahl. Es war doch erst 11 Uhr.
Es wurde heisser und heisser, der Schweiss rann in Strömen. Ein paar Mountainbiker quälten sich, ebenfalls voll bepackt, neben mir in die Höhe. Erste Velorennfahrer kamen bereits von oben wieder zurĂĽck. In meinem Kopf rechnete ich Kilometer, Höhenmeter und Promille. Es konnte doch nicht sein, dass die ganzen 18 Kilometer bis zur Passhöhe derart steil sein wĂĽrden. Dann endlich, etwa bei 1300 Höhenmeter (glaube ich), bog die alte Passstrasse in die Neue hinein. Diese ist deutlich flacher. Also nochmals, mittlerweile warmes, Wasser die Kehle hinunterschĂĽtten, aufsteigen und abfahren. Geht eine ganze Weile recht gut, bis zu dem Punkt mit der riesigen BetonbrĂĽcke ĂĽber das Tal. Der bergwärtsfahrende Verkehr, muss sich wieder mit der alten Passstrasse begnĂĽgen, macht nach einer langen flachen Fahrt weit hinten im Tal eine Kehrtwendung und holt dann das verpasste Gefälle wieder auf. Mein Wille ist gebrochen. Absteigen und schieben. Der Anhänger ist einfach zu schwer um hinaufkurbeln zu können. Neben mir Lastwagen, die kaum schneller vorwärtskommen als ich (wenigstens die langsameren, die schnelleren scheinen die PW’s vor sich den HĂĽgel hinaufjagen zu wollen).
Dann bei 1600 Höhenmeter endlich ein Brunnen und dahinter gleich eine Beiz. Aber da war nichts mit essen, nicht dass es nichts gegeben hätte, aber die Anstrengung war zu gross. Das einzige was ich wirklich hinunterbrachte, war ein Fruchtsalat mit Glacé und Coca-Cola und zum Schluss einen Kaffee (gehört unbedingt dazu.) Machte absichtlich eine lange Pause. Aber der stetige Blick auf die Passstrasse und damit auf das Gefälle zermürbte meinen Kopf. Da half alles rechnen rund um Steigungsprozente nichts mehr. Die Beine wollten nicht, und dem Kopf fehlte die Überzeugungskraft.
So um 4 Uhr bin ich dann doch oben angekommen. Dass ich heute noch nach Ascona fahren wollte, hatte ich mir schon längst aus dem Kopf gestrichen. Ich begann mit der Suche nach einem Bett. Auf dem Hospiz, in der KĂĽhle der Nacht, das wäre ja etwas. Hotel Kulm: “Chiuso per 2 anni”; Hotel Simplonblick: “Um diese Zeit vermieten wir noch keine Einerzimmer”. Hospiz: Die Reception war leer, kein Mensch da, der irgendetwas gewusst hätte. Hotel Monte ???: “Sono completto”. So fahre ich denn nach Simplon Dorf hinunter und da klappt es im Hotel Post auf Anhieb.
Die Mehrsprachigkeit, mit der die Leute hier leben ist manchmal irritierend. Das Unterwallis ist ja rein französisch-sprachig. Ab Sierre reden die Leute beides. Da kann es ohne weitere passieren, dass auf französische Fragen, deutsche Antworten zurĂĽckkommen und umgekehrt. Die Leute aber auch untereinander, nicht nur gegenĂĽber mir. Auf dieser Seite des Simplons, kommt sogar noch das Italienische dazu. Zum ganzen passt irgendwie, dass ĂĽber dem Simplon der “Chaltwassergletscher” thront.
Nach der Erfahrung mit dem Anhänger am Simplon, werde ich wohl meine Tour noch etwas anpassen müssen. Gestrichen habe ich mal vorerst die Rundfahrt durch das Tessin, so interessant sie auch geworden wäre. Aber bei dieser Hitze, einfach wegen ein paar schönen Palmen, Blumenstöcken und Blicken auf die verschiedenen Seen 150 Kilometer zu radeln ist mir im Moment zu viel. Lieber verziehe ich mich wieder in die Berge.
Details zur heutigen Fahrt | ||||
Vormittag | Nachmittag | |||
70.5 Kilometer 56.4 KM Maximale Geschwindigkeit 1800 Höhenmeter 5:21 Fahrzeit 13.2 KM/h Durchschnitt GPS-Aufzeichnung der Strecke Aktueller Stand der Kilometer in der Saison 2006 Aktueller Stand der Höhenmeter in der Saison 2006 |
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FĂĽr diese Fahrt durfte ich von F. M. aus B. eine Spende fĂĽr die Aktion Kilometer gegen die Armut im Betrag von 100 CHF entgegennehmen. Danke. |