Wie schon ein paar Mal hier erwähnt, können wir vom Büro aus den Säntis sehen. Luftlinie sind das ungefähr 70 Kilometer. Klar, dass man da nicht mehr so viele Details erkennen kann. Klar deshalb auch, dass ich mir den Mal aus der Nähe anschauen wollte. Hin und zurück per Renner, wären aber eine zu grosse Tagesportion an Kilometern gewesen, deshalb habe ich auch gleich zum ersten Mal den Tranzbag ausprobiert.
So kam es dann, dass ich heute Morgen bereits um sieben Uhr auf den Schnellzug wartete. Der Renner diesmal schön fein säuberlich in einer Tragtasche eingepackt, die es erlaubt, ihn als Handgepäck, und somit ohne zusätzliche Kosten, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu transportieren. Umsteigen in Zürich und Weiterfahrt nach Ziegelbrücke.
Den Renner auspacken war bald erledigt. Die Tragtasche lässt sich gut zusammenlegen und im Rucksack mittransportieren (laut Hersteller 800 Gramm Gewicht). Ich fahre anschliessend gemĂĽtlich nach Weesen, am Ufer des Walensees. Was mich hier erwartet kannte ich nur von einer einzigen Autofahrt vor ein paar Jahren. Zehn Kilometer, mit einem Gefälle von dauernd mehr als 10%. Die Strasse fĂĽhrt von Weesen ĂĽber Amden. Kurz nach Amden zweigt sie in ein Seitental ab, steigt nach einer kurzen “Ruhepause” mit unverminderter Heftigkeit weiter, bis auf die Vordere Höhi hinauf. 1537 Meter ĂĽber Meer steht auf der Tafel. Während des Aufstieges bläst heute eine ziemlich zĂĽgige Bise. Der Walensee kräuselt sich leicht. GlĂĽcklicherweise bekomme ich sie als Gegenwind aber nur vereinzelt an exponierten Stellen zu spĂĽren.
Vor der Abfahrt noch einen kurzen Blick zum Säntis hinĂĽber. Er zeigt sich gross und mächtig und ist am Antennen-Aufbau gut zu erkennen. Die Abfahrt hinunter nach Starkenbach verläuft fast vollständig im Wald. Die Strasse ist erstaunlich schön. Im oberen Teil so eine Art gerippter Beton, unten dann wieder vermehrt Teerbelag. Gemäss Hinweistafeln, wäre die Strasse eigentlich noch bis am 1. Juni gesperrt. Wohl deshalb liegen im obersten Teil noch ein paar Schneereste herum und vor allem viel Holz. Vermutlich vom Schmelzwasser auf die Strasse getragen. Alles in Allem, macht dieser Pass, die “Vordere Höhi” einen Idyllischen Eindruck, wäre er nur nicht so fĂĽrchterlich steil. Er scheint unter den Velofahrern aber ein beliebter HĂĽgel zu sein. Kamen mir bei der Abfahrt nach Starkenbach, doch einige auf Mountainbikes und Rennern entgegen.
Unten in Starkenbach angekommen, fahre ich gleich der hier noch kleinen Thur entlang bis hinunter nach Neu Sankt Johann. Dort nehme ich die Abzweigung zur Schwägalp, zum Fuss am Säntis. Schon bald kann ich ihn diesmal etwas näher sehen. Da das Tal zur Schwägalp hinauf ziemlich genau in östlicher Richtung verläuft, stehe ich hier über weite Strecken in der mittlerweile ziemlich heftig blasenden Bise. Die Strasse ist etwas stärker befahren, denn viele benutzen ja die Seilbahn von der Schwägalp auf den Säntis für einen Ausflug. Um die Mittagszeit komme ich dann auf der Schwägalp an. Von der Terrasse des Restaurants Passhöhe hat man einen wunderbaren Blick aus nächster Nähe zum Säntis hinauf. Doch ausgerechnet während dieser Zeit, ziehen immer wieder Nebelschwaden um diesen Berg, so dass kaum eine sinnvolle Foto entstehen kann.
Nach dem Mittagessen geht es dann in vorerst zügigem Tempo nach Urnäsch hinunter. Dort mache ich noch einen kleinen Schwenker nach Appenzell, der Hauptstadt eines unserer kleinsten Halbkantone. Ich mache mir sogar einen Spass daraus, mit dem Renner über den Landsgemeindeplatz zu fahren, die schönen Appenzellerhäuser mit ihren Verzierungen mal ganz kurz und aus der Nähe anzuschauen.
Anschliessend geht es wieder zurück ins Tal der Thur, und weiter über verschiedene kleine Hügel nach Herisau. In diesem Streckenabschnitt, erkennt man sehr gut den Charakter des Appenzellerlandes. Viele Hügel, irgendwie eine weiche Form, fast alle mit einem Waldbestand zu oberst und vor allem: überall und immer wieder kleinste Siedlungen. Manchmal nur ein oder zwei Bauernhäuser, ab und zu eine Kirche dabei, in der Regel kaum mehr als zehn Häuser. Und zu jeder Siedlung führt fein säuberlich eine Strasse hinauf. Die meisten scheinen mir nicht einmal geteert zu sein. Sofort kommt mir Albert Manser in den Sinn. Er hat so manche Situation aus dem Appenzellerland auf die Leinwand gebracht.
Und plötzlich ist die Idylle weg. Vielleicht in Herisau, spätestens in Gossau, wieder die Siedlungsstruktur wie man sie bei uns im ganzen Mittelland kennt. Mittlerweile kann ich von dem stark blasenden Ostwind tatsächlich auch profitieren. Mit Geschwindigkeiten von dauernd über 30 km/h, manchmal sogar über 40km/h stosst er mich nach Hause. Sogar kleinere Hügel ziehen einfach so unter den Rädern durch. Doch die Zeit reicht dann doch nicht ganz für eine Fahrt bis vor die Haustüre. In Winterthur packe ich den Renner wieder in den Tranzbag und nehme für den Rest des Weges den Zug.
2149 HM | |||
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