Fast wie ein kleiner NachhĂĽpfer auf die erst kĂĽrzlich erlebten Ferientage, durften wir fĂĽr heute einen Ausflug in den Kanton Appenzell unternehmen.
Dass der Appenzeller-Käse aus dem Appenzell weltweit exportiert wird und das Hackbrett schwergewichtig im Kanton Appenzell gespielt wird, das ist Allgemeinwissen. Vielleicht gehört auch in diese Kategorie, dass die St. Galler-Stickereien vor allem im Appenzell entstanden sind. Weissküfereien kennt man vielleicht auch noch, doch was es dazu braucht, da beginnt das Wissen löchrig zu werden.
Das Programm, zusammengestellt von Tourismus Appenzellerland, versprach viel Interessantes und einen abwechslungsreichen Tag.
Der Morgen begann in der Weissküferei. Weissküferei deshalb, weil dort nur weisses Holz wie zum Beispiel Ahorn verarbeitet wird. Doch es braucht viel, bis der Rohstoff Holz endlich in die Werkstatt gelangt. Handverlesen werden die Bäume, gross und schlank, die untersten zehn bis fünfzehn Meter dürfen keine Äste haben, kein verdrehter Wuchs, am Nordhang müssen sie stehen und bergwärts müssen sie gefällt werden. Manchmal spielt es auch eine Rolle, ob der Baum im Sommer oder Winter gefällt wurde, und manchmal soll selbst die Mondphase eine Rolle spielen.
Ist das Brett dann mal in der Werkstatt, war früher alles Handarbeit. Die Kübel in allen Grössenordnungen, werden ähnlich wie Fässer zusammengestellt, statt eines Eisenringes erhalten sie aber eine Bandung aus Holz. Dieses Holz muss schnell hochgewachsen sein, sollte also möglichst in der Nähe eines Baches gestanden haben. So lässt es sich einfacher und vor allem ohne Risse und Brüche um die Kübel legen. Heute stehen im Familienbetrieb aber Drehbänke, Schleifmaschinen bis hin zur computergesteuerten Fräsmaschine. Doch es bleibt immer noch viel Handarbeit. Präzise, feine, gekonnte, manchmal auch harte Schläge mit dem Hammer auf das Schnitzwerkzeug.
Was dabei entsteht sind nebst den vielen Kübelchen in allen Grössenordnungen meist Gegenstände des alltäglichen Gebrauchs. Käsebretter, Schmuckschatulle, Musikdosen, Pfeffer- und Salzmühlen, ja bis hin zu CD-Ständern, Weinflaschenhalter, Wanduhren, und allerlei Spezialanfertigungen, Einzelanfertigungen.
Zum Schluss durften wir selber mit ein paar weniger “gefährlicheren” Schnitzutensilien auf einem Ahorn-Brettchen etwas zurecht hämmern und schnitzen.
Mittagessen dann im Restaurant der Schaukäserei, bevor es ins Volkskundemuseum hinüberging. Da erfuhren wir zuerst einmal viel über die geschichtlichen Hintergründe, warum eben die Stickerei vor allem im Appenzell entwickelt wurde, und nicht in St. Gallen. Auch über das Verhältnis der appenzellischen Untertanen zu den Herrschern in St. Gallen. Selbst die Habsburger haben mal eine Rolle gespielt, wäre doch Appenzell beinahe an Österreich verkauft worden. In der Hochblüte der Stickerei, war die Landwirtschaft nur noch ein kleiner Nebenerwerb. An hunderten von Webstühlen und Stickereimaschinen wurde in den Bauernhöfen gearbeitet. Im Volkskundemuseum wird noch eine der letzten Stickereimaschinen von Hand betrieben. Ein Riesenapparat, vermutlich tonnenschwer, bedient von einer einzigen Person. An der Maschine kann ähnlich eines Replikators auf einer Schablone angezeigt werden, wo die Nadel den Stoff durchstossen muss. Derweil an der Maschine sich 72 Nadeln bewegen und nach viel hin und her Bewegungen 72 identische Rosen auf das feine Tuch gestickt worden sind. Leider reicht die Zeit heute nicht, um auch noch andere Teile, wie zum Beispiel die Bauernmalerei näher zu betrachten.
Als letzten Besuch führt uns der Autobus noch zur Herstellung der Hackbretter. Eigentlich ist es gar nicht sicher, dass das Hackbrett im Appenzell erfunden wurde. Persien, vielleicht auch Frankreich könnten Geburtsorte sein. Sicher ist nur, dass es im Appenzell sehr häufig und auch sehr gerne gespielt wird.
Auch hier spielt die Auswahl des Holzes eine sehr grosse Rolle. Nach ähnlichen Kriterien wie bei der WeisskĂĽferei wird das Holz ausgelesen. Dass nur ganz gesundes, kräftiges Holz in Frage kommt, versteht sich von selbst. Denn die aufgespannten Saiten ĂĽben doch immerhin eine “Zugkraft” von gut einer Tonne auf den Rahmen des Musikinstrumentes aus. Der Hackbrettbauer spielt zwischen den Teilen seiner interessanten AusfĂĽhrungen immer wieder ein StĂĽckchen auf dem Hackbrett.
Zum Schluss können wir noch einen Blick in seine Werkstatt werfen. Auch hier hat es zwar mittlerweile ein paar holzbearbeitende Maschinen, doch die Handarbeit dürfte weitaus den grösseren Teil der Arbeit bestimmen.
Voller neuem Wissen über einen für uns eher unbekannten Ort, werden wir vom Bus wieder an den Bahnhof zurückgeführt. Wir verlassen eine Landschaft, am Fusse des Säntis, zwischen den Alpen und dem Flachland. Eher flachere Hügel, mit einer sehr lockeren Siedlungsstruktur. Man könnte der Sage Glauben schenken, dass der Riese vom Säntis die Häuschen in Vorarlberg zusammengesammelt hat, sie alle in einen Sack steckte und bei der Rückkehr über den Säntis mit dem Sack hängen geblieben ist, worauf die Häuschen aus dem Sack purzelten und einfach so verstreut in der Landschaft liegen geblieben sind.
Ein schöner und erlebnisreicher Tag.