Mit der gestrigen Fahrt über den Passo Fedaia bin ich meinem Lebensziel, alle rennradtauglichen Pässe zwischen Wien und dem Atlantik mindestens einmal überrollt zu haben, etwas näher gekommen. Im Raum Österreich und Italien habe ich mir diese Aufgabe jetzt erfüllt. Es bleiben nebst den Pyrenäen nur noch wenige Pässe in der Schweiz und Frankreich. Deshalb wollte ich heute meinen Beinen eine kleine Pause gönnen und sah mir ein bisschen die Stadt Cavalese an.
Nach dem Morgenessen schlenderte ich gemütlich ins Zentrum. Eigentlich planlos, mal da ein Foto, dort ein Foto, da durch eine Strasse, dort über einen Platz. Ich sah mir alte Bauten an, besuchte einige der Kirchen, war immer wieder überrascht, wie viele Brunnen in der Stadt frisches Wasser spenden. Besuchte den Markt, schlenderte durch die Einkaufsstrasse welche jetzt verkehrsfrei ist, bekam immer wieder den Eindruck, dass das ganze Tal, ab Cavalese bis zu den Pässen Fedaia, San Pelegrin und Pordoi wohl sehr wichtig für den Wintersport sei.
Mit zunehmender Hitze zog es mich immer mehr in den grossen Park, etwas südlich vom Stadtzentrum gelegen. Er ist riesen gross, inmitten steht auch da eine Kirche, gleich nebenan ein Tennisplatz und Kinderspielplatz mit einem grossen, dreiteiligen Brunnen. Jede Menge Bänke unter den vielen schattenspendenden Bäumen. Eine kleine Bühne ist ebenfalls da.
Auch in Cavalese fehlt die grosse Gedenkstätte mit all den Gefallenen aus dem 1. und 2. Weltkrieg nicht. Ich habe sie schon bei der Durchfahrt in anderen kleineren Dörfchen gesehen.
Irgendwann war mir das Herumsitzen unter den Bäumen doch zu langweilig. Es zog mich zum “Camina della storie” (oder so ähnlich), stand dann ĂĽberraschenderweise plötzlich vor einem grossen Tunnel. Sogar beleuchtet war es. Das kleine Hinweisschild “Passeggiata Vecchia Ferrovia” passte eigentlich zur Form des Tunnels. Doch ich habe seit Tagen keinen Zug mehr sehen, keine Eisenbahnschiene, nichts.
Das Geocache in der Nähe klärte mich dann auf (soweit ich das mit meinen Italienisch-Kenntnissen verstehen kann): Während des ersten Weltkrieges sollte die Bahnlinie von Ora (Südlich Bozen) ins Tal di Fiemme für Transporte eingesetzt werden. Unter scheinbar sehr schwierigen Umständen, und in Kaufnahme vieler Todesfälle unter den Arbeitern, wurde das Trassee erstellt. Im Februar 1919 fuhr der erste Zug. Im Januar 1963 wurde die Bahnlinie eingestellt und abgeräumt. Das Rollmaterial fährt zum Teil noch bei anderen Bahnlinien und Transportunternehmen oder dient als Ersatzteillager.
Ein sehr interessanter Tag in einer neuen Gegend.
HM | |||
---|---|---|---|
Grad |
Grad |