Tatsächlich nochmals einen Tag im Dauerregen. Wobei er nicht ganz pausenlos durchhielt, doch für ein Umziehen des Tenus reichte es dann eben doch nicht. Weil es heute nochmals ziemlich in die Höhe ging (Passo Gardena: 2121 MüM) kam ich sogar in den zweifelhaften Genuss von Schnee im Sommer. Doch alles schön der Reihe nach.
Die Wegfahrt von Bozen gestaltete sich ein bisschen schwieriger. Mein GPS lockte mich immer wieder auf die Autobahn. Schliesslich fand ich dann aber doch nur eine Schnellstrasse. Beim Tunnel mit Velofahrverbot schaute ich weg. Die Automobilisten schauen bei 50er-Tafeln in Italien ja auch weg. Zudem war Sonntag und im Tunnel regnete es nicht. FĂĽr die Tunneldurchfahrt sprach ĂĽbrigens auch, dass sofort nach dem Tunnel ein Radweg begann(!?).
Das Tal zum Brennerpass hinauf ist unten ziemlich schmal. Eisenbahn, Autobahn und eben meine Strasse, sowie ein Bach teilen sich den engen Platz. Über grössere Strecken ist ein schöner Radweg eingerichtet. Längere Zeit wunderte ich mich, wie er regelmässig, fast ohne grössere Bodenwelle, immer leicht an Höhe gewann. Solange, bis der Weg über eine alte Eisenbahnbrücke führte. War da vielleicht früher ein Bahntrasse? Einiges würde jedenfalls dafür sprechen.
In Ponte Gardena verliess ich das Tal mit der Brennerstrasse und bog in das Val Gardena ein. Nach einem längeren Tunnel geht dann auch gleich die Steigung los. Ich nehme es gemĂĽtlich, denn ich will ja nicht “gekocht” werden in meinen Regenkleidern. Im Tal hat es kaum Verkehr. Mancher Kilometer, wenigstens bis zu den Skiorten hinauf, fĂĽhrt oft durch Wälder, ĂĽber Wiesen, irgendwie idyllisch. Wenigstens bis zur 14%-Tafel, da fängt der Krampf an. Mit meinem Anhänger habe ich da heute keine Chance, Fussmarsch ist angesagt.
Bald durchquere ich nebst kleinen Weilern auch die verschiedenen Skiorte, Ortisei, Santa Christina, Selva di Val Gardena. Die einen konnten ihren ursprünglichen Charakter noch ziemlich gut beibehalten, bei anderen merkt man auf den ersten Blick, dass da im Winter, vielleicht auch im Sommer bei schönerem Wetter, einiges los sein muss. Eine kurze Bananenpause, an einem Brunnen zum Auffüllen von neuem Wasser, musste heute reichen.
Nach Val Gardena wird es noch einsamer auf der Strasse. Ich möchte mal diesen letzten Teil zur Passhöhe so beschreiben:
- 1700 MĂĽM: erste Schneeresten liegen neben der Strasse.
- 1800 MüM: die Landschaft ist komplett zugeschneit. Von den Tannenbäumen rutscht der Schnee herunter
- 1900 MĂĽM: der Regen wechselt jetzt langsam in Schneefall ĂĽber.
- 2028 MĂĽM: eine erste Kuppe ist erreicht. Anschliessend geht es lange eben in das Tal hinein. Ein kräftiger Gegenwind weht meine “erarbeitete” Wärme aus den Regenkleidern.
- 2070 MüM: kurz vor der Passhöhe ziehe ich mich um. Es kostet zwar etwas Überwindung, im Schneeregen mit nacktem Oberkörper einen Moment lang dazustehen. Doch der trockene Thermoanzug tut gut. Darüber das gelbe Jäckchen, quasi als Dampfbremse und nochmals darüber das Regenzeugs. Langfingrige Handschuhe finde ich auch noch in meinem Anhänger. Die Beine lasse ich sein, in der Hoffnung, dass hier ja nach Bedarf wieder Wärme produziert werden kann. Mit den letzten Metern bis zur Passhöhe, kann ich tatsächlich wieder etwas Wärme in die Kleider bringen.
- 2121 MüM Passhöhe Gardena: Es schneit, der Nebel liegt auf der Strasse. Wohl sehe ich die Passtafel, will aber nicht anhalten. Mein neues Wärmegefühl seit dem Umziehen soll jetzt nicht gestört werden. Zudem werde ich in den nächsten Tagen sicher nochmals Gelegenheit haben, diese Tafel zu fotografieren.
Die Passhöhe scheint mir ziemlich offen zu sein, Weideland vielleicht. Ein paar Gebäude, der übliche Souvenirladen jedenfalls, konnte ich trotz des Nebels erkennen. Nimmt mich wunder, was da bei einer nächsten Überfahrt, ohne Schnee und Nebel, noch alles zum Vorschein kommen wird.
Die Abfahrt bis nach La Villa verläuft erstaunlich gut. Die Beine werden zwar etwas steif und unbeweglich, aber echt frieren tue ich dann doch nicht. Die Überlegung mit dem Umziehen kurz vor der Passhöhe scheint gelungen zu sein.
Bin dann aber doch froh, im Hotel eine ausgiebige Dusche, mit viel heissem Wasser, nehmen zu können.
So bin ich nun in La Villa angekommen. Von wo ich in den nächsten Tagen, von unseren Ausflügen rund um die Dolomiten erzählen werde. Das Wetter soll ja besser werden, spätestens ab Dienstag.
1993 HM | |||
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