Vor gut einem Jahr verkaufte Siemens die verlustreiche Handysparte an BenQ. Auch heute ist genau diese Sparte, jetzt bei Benq, wieder ein Thema.
Leider hat sich kaum etwas verbessert: Mitarbeiter wurden entlassen, der Marktanteil ist im Sinkflug, das Geschäftsergebnis wird immer röter, das bevorstehende Weihnachtsgeschäft verspricht kaum Hoffnung, nur der Weg zum Konkursamt, beziehungsweise zur Erklärung der Insolvenz, wird immer kürzer und deutlicher.
Für mich, der ich ein zufriedener Kunde mit meinem Siemens S65 bin, interessiert es natürlich, wie das weitergehen könnte. Deshalb der NZZ-Artikel in seiner ganzen Länge.
Benq Mobile scheitert in Deutschland
Insolvenz der früheren Siemens-Sparte gefährdet 3000 Arbeitsplätze
Auch der taiwanische Elektronikkonzern Benq vermag die vor 15 Monaten übernommene Handy-Sparte von Siemens nicht zu sanieren. Das Geschäft von Benq Mobile in Deutschland steht vor der Insolvenz. 3000 Arbeitsplätze sind unmittelbar gefährdet.
pra. Berlin, 28. September
Das jahrelang notleidende frühere Handy-Geschäft von Siemens endet in einem Debakel. Im Juni 2005 hatte Siemens die erfolglose Sanierung der dauerhaft riesige Verluste schreibenden Sparte aufgegeben und das ganze Geschäft mit damals weltweit rund 6000 Mitarbeitern an die taiwanische Benq, einen aufstrebenden Hersteller von Konsumelektronik und Computerzubehör, verschenkt. 15 Monate später gibt nun auch Benq die Hoffnung auf. Wie das Unternehmen am Donnerstag mitteilte, werden ab sofort keine Zahlungen der Konzernzentrale an die deutsche Tochter Benq Mobile GmbH mehr geleistet. Jene werde wegen Liquiditätsmangels und der schwierigen Geschäftssituation in den nächsten Tagen in München Insolvenz beantragen. Damit sind 3000 Arbeitsplätze in Deutschland, je rund die Hälfte in München sowie in Kamp-Lintfort und Bocholt, zwei Fertigungsstandorten in Nordrhein-Westfalen, höchst gefährdet.
Das weltweite Geschäft wird fortgeführt
Das Management versucht gemässer Mitteilung das laufende Geschäft fortzuführen; die Auswirkungen auf die übrigen Gesellschaften und Standorte von Benq Mobile könnten noch nicht abgeschätzt werden. Das globale Geschäft mit Mobiltelefonen, das insgesamt 8000 Mitarbeiter beschäftigt und neben der bisherigen Zentrale in Deutschland Standorte in China, Taiwan, Brasilien und Polen hat, will Benq künftig von Asien aus fortführen. Trotz Einsparungen von über 400 Mio. Euro, zu denen auch die Mitarbeiter mit verlängerten Arbeitszeiten und Lohneinbussen beitrugen, ist es nie gelungen, die Verlustquelle auszumerzen. Seit der Übernahme von Siemens vor gut einem Jahr liefen gemäss Unternehmensangaben 840 Mio. Euro Verluste auf. Zuletzt waren sie wieder gestiegen, weshalb Benq schon vor einem Monat weitere Massnahmen angekündigt und den ursprünglich für das Jahresende erhofften Turnaround auf Mitte 2007 verschoben hatte.
Dass bei dem gewaltigen Geldabfluss nun auch die mit einem Vorjahresumsatz von rund 3 Mrd. Euro nur mittelgrossen Taiwaner einen schmerzhaften Schlussstrich zogen, war zum Selbstschutz wohl letztlich unvermeidbar. Die Ursache der Misere liegt im fehlenden Markterfolg der unter der Marke Benq Siemens verkauften Mobiltelefone. Der Weltmarktanteil der ehemals zu den fünf grüssten Herstellern gehörenden Marke ist laufend geschrumpft und lag zuletzt noch bei 3,2%. Auch das bevorstehende Weihnachtsgeschäft wurde als enttäuschend bezeichnet.
Schwerfällige Strukturen
Benq ist es nicht gelungen, die von Siemens geerbten schwerfälligen Organisationsstrukturen ausreichend schnell zu straffen. Produktinnovationen kamen deshalb weiterhin oft zu spät auf den von der raschen Technologieentwicklung und schnelllebigen Modetrends bestimmten Handy-Markt. Die IG Metall kritisierte am Donnerstag das Management wegen offensichtlicher Führungsfehler und nahm auch Siemens noch in die moralische Verantwortung. Wie man es besser hätte machen können und wie Benq die nun weiter schrumpfende Marke Benq Siemens zum Erfolg führen könnte, ist allerdings keine einfach zu beantwortende Frage
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