Es sollte ja ein wunderbarer Tag werden, sagten uns die Meteorologen. Warm, richtig warm und nebelfrei. Diese Gelegenheit wollte ich mir nicht entgehen lassen. Ich startete bereits sehr früh am Morgen. Die Bodennebel hatten sich noch nicht überall aufgelöst. Im Reusstal fuhr ich deshalb manchmal über, manchmal unter oder auch mitten in der Nebeldecke.
Später im Reusstal, wurde dann der Blick frei auf die Alpenwelt. Wolkenloser Himmel über mir und die Temperaturen stiegen jetzt auch tatsächlich in ungewohnt warme Höhen. Es hätte ein Tag im Juni sein können. Am Zugersee wurde es selbst mir jetzt zu warm, und ich entledigte mich des Windstoppers und der langfingrigen Handschuhe.
Ich war aber dennoch nicht so mutig wie andere Radfahrer(innen). Kurz/kurz war mir eindeutig zu wenig warm, vor allem in den schattigen Ecken, manchmal auch noch feucht vom Nebel der letzten Nacht, sank das Thermometer regelmässig unter die 10 Grad-Grenze.
Nach Schwyz begannen langsam die ersten spürbaren Höhenmeter. Die Einfahrt durch das schmale, schattige Tal nach Muotathal hinauf. Bald darauf die Westrampe auf den Pragelpass. Wohl einer der gefürchtesten Pässe, wenigstens in der Schweiz. 12 Km lang ist die Steigung. Vor allem im unteren Teil, ist er sehr steil. Öfters zeigt das Garmin 15 und mehr % an. Dazu kaum eine auch noch so kleine Erholungsphase. Es ist nur steil. Flach wird es eigentlich erst für die letzten 50 Höhenmeter.
Ich komme recht gut durch. Die Temperatur ist trotzdem nicht allzu warm, mein Schwitzen hält sich in Grenzen. Auf der Passhöhe gibt es nicht viel zu sehen. Die Berghänge sind kahl und felsig, das Gras braun. Die Passtafel finde ich nicht, vielleicht ist sie abgeräumt worden, oder wird gerade von einer Horde Wanderer belagert. Ich fahre weiter, hinunter ins Klöntal.
Meine Idee, das Mittagessen irgendwo am Klöntarsee zu verspeisen, erweist sich als Fehlplanung. Denn ganz im Gegensatz zum Aufstieg aus dem Muotathal, grösstenteils an der Sonne, befindet sich das Klöntal auf der Schattenseite. Das enge Tal hat vermutlich seit Wochen keinen Sonnenstrahl mehr erhalten. Das Thermometer sinkt auf 3 Grad. Die Strassen sind nass, wie nach einem Regen. Die Touristen haben sich dicke Windjacken angezogen.
Der Klöntalersee liegt absolut ruhig da. Es ergeben sich ein paar interessante Effekte mit der Spiegelung der steilen Felswände. Doch mir ist viel zu kalt, um auch noch anzuhalten und mit klammen Fingern am Handy rumzufummeln. Ich fahre durch, hinunter ins Glarnerland, nach Netstal. Da, an der warmen Sonne, gibt es Verpflegung.
Weiter geht die Fahrt entlang der Linthebene, später entlang dem Zürichsee. Die Sonne senkt sich schon wieder hinter die Berge. Das linke Seeufer ist bereits grössstenteils am Schatten. Die Temperaturen sind aber immer noch in einem angenehmen Bereich.
ZĂĽrich ist bald durchfahren und die letzten 30 KM sind mir ja sowieso bestens bekannt aus frĂĽheren Heimwegen von der Arbeit.
In Dietikon ein letzter Halt, Montage der Nachtbeleuchtung und des Leuchtbandes. Die Temperatur ist noch angenehm. Doch man merkt sehr gut, wo die Sonne schon längere Zeit weg ist. So ist es zum Beispiel um Killwangen und Neuenhof herum deutlich kühler, als um Birmenstorf herum, welches von einer Hanglage gegen Westen profitiert.
Es hat Freude gemacht, an einem solch sommerlichen Tag im November nochmals eine so lange Strecke fahren zu können. Man merkt allerdings schon, dass die Temperaturdifferenzen viel schneller und heftiger wechseln, als im Sommer. Auch die Schatten scheinen mir viel härter, viel dunkler zu sein als im Sommer.