Schon während der ganzen Hinreise nach Bruck an der Grossglocknerstrasse, wurde für heute Morgen schönes Wetter und für den Nachmittag Gewitter prophezeit. Tatsächlich spielte das Wetter auch heute eine Hauptrolle. Ich wollte auf keinen Fall bei schlechtem Wetter über diese Panoramastrasse fahren. Denn ihr ursprünglicher Zweck war ja, der Bevölkerung die Schönheit der Berge zu zeigen. Es gäbe genügend andere Nord-Südverbindungen aussen herum. Die Grossglockner Hochalpenstrasse braucht es verkehrstechnisch eigentlich gar nicht.
Dennoch: Sie geht bis auf 2504 Meter hinauf, ist durchgehend geteert und gehört somit in die Liste meiner “todo’s”. Und es lohnt sich wirklich, die Strasse bei schönem Wetter zu fahren. Sie ist sehr gut ausgebaut, Manchmal ist der bergwärtsfĂĽhrende Teil auch zweispurig. Zudem sind entlang der Strasse diverse Museen und Infolokale zum Bau der Strasse, ĂĽber die Alpen, und die Tierwelt erbaut worden. Nebst vielen Hinweisen zu den Pionieren des Baus, oder benutzten UnterkĂĽnften während des Baues. Schon fast eine riesige Museumsanlage im ganzen Tal, wenigstens in der nördlichen Hälfte. Ab und zu merkt man auch der StrassenfĂĽhrung an, dass sie wirklich entlang der Schönheit der Alpen gebaut wurde. Deutlich ist das zu sehen am Fuscher Törl, wenige Kilometer vor dem Hochtor, dem Scheiteltunnel. Am Fuscher Törl fĂĽhrt die Strasse einfach um einen HĂĽgel herum. Dabei sieht man während der ganzen Runde in einen Talkessel und seinen darĂĽber sitzenden Gipfeln. Ein GlĂĽck, dass sich gerade bei meiner Durchfahrt, die Wolken ziemlich angehoben hatten. Oder während der Fahrt vom Fuscher Törl zum Hochtor hinĂĽber, sieht man rechts die Bergriesen, linkerhand geht der Blick ein breites Tal hinaus. Heute, mit den verzuckerten Bergspitzen, ein besonderer Genuss.
Mit dem Wetter hatte ich ziemlich Glück. Als ich am Morgen die Strecke in Angriff nahm, waren die Bergspitzen mit Nebel und Wolken verhangen. Mit der Zeit hob sich das ganze Wetter über die Bergspitzen, Schneefelder kamen zum Vorschein. Ob ich tatsächlich den Grossglockner, den höchsten Berg Österreichs wolkenlos gesehen habe, kann ich nicht mit Sicherheit bestätigen.
Bei den Temperaturen erlebte ich seltsames. Bei der Wegfahrt kurz nach neun Uhr, zeigte das Garmin 12 Grad an. Auf knapp 2000 Metern, waren es 19 Grad. Die Sonne schien nie richtig ungehindert auf die Strasse. Doch es genügte, um in dieser Feuchtigkeit eine tropische Wärme zu generieren. Am Hochtor, auf 2500 Metern über Meer, zeigte Garmin immer noch 16 Grad. Auf der südlichen Seite des Tunnels, nur gerade 300 Meter weiter, war es noch lediglich 9 Grad. Ob da der Föhn mitgespielt hat? Jedenfalls fuhren meine Winterkleider die ganze Strecke im Anhänger mit. Ein Windjäckchen genügte mir, selbst für die Abfahrt noch.
Physisch ging es mir recht gut. Wie erwartet konnte ich nicht die ganze Strecke mit dem Anhänger am Hinterrad hinaufkurbeln. Am Anfgang geht das noch kurz bis 12%, doch mit der Zeit nimmt die “Leidensbereitschaft” ab und marschieren ist angesagt. Ăśber alles gesehen bin ich aber zufrieden. Bei solch langen Bergfahrten habe ich in der Regel auch eine Krise zu durchstehen. Heute kam sie ziemlich ĂĽberraschend, erst auf der Höhe von etwa 2100 Metern, gerade neben der Edelweisswand. Ich wollte einen Moment ausruhen, etwas Essen und Trinken. Suchte eine Abstellgelegenheit fĂĽr den Anhänger und das Rad. Zufälligerweise glitt mein Blick in die Höhe und ich erspähte das Fuscher Törl. Zwar noch weit oben, aber es stellte so eine Art Motivation fĂĽr den Rest dar. Ich marschierte weiter, Pause gab es erst dort oben. Die Krise war ĂĽberstanden.
Tourismus und Verkehr hielt sich heute in engen Grenzen. Ich hatte gefühlt den Eindruck, immer wieder die gleichen paar Motorräder zu sehen und zu hören. Es waren da ein paar ganz auffällige Harleys und ein schneeweisses, dreirädriges Motorrad darunter. Vermutlich haben die während der ganzen Fahrt die Museen angeschaut, oder zu Mittag gegessen, so haben wir uns immer wieder überholt. Es gab aber auch merkwürdige Sachen zu beobachten. Zum Beispiel waren immer wieder Autos unterwegs, welche andere Autos hin die Höhe gezogen haben. Ich kann nicht recht an soviele Pannenfahrzeuge glauben. War da irgend eine Übung von irgendeinem Strassendienst im Gange? Oder gibt es tatsächlich Touristen, die sich hinaufziehen lassen? Aus welchen Gründen auch immer?
Übrigens werde ich auf die Bedingungen zur Erfüllung meines Lebenszieles (alle rennradfähigen Passstrassen über 2000 Meter, zwischen Wien und dem Atlantik) einen zusätzlichen Punkt eintragen: Nicht mit E-Bike. Auch auf der Hochalpenstrasse sind diese unterwegs.
Und die angekündigten Gewitter? nein, keine. Während des Nachtessens heute Abend im Hotel in Heiligenblut, fing es aus dem Nebel heraus an zu nieseln.