Gestern Abend zeigte mein Android noch Schneeregen und vereisender Regen an. Nach einer Nacht ohne Regen, war das nur noch halb so schlimm. Was allerdings blieb, war die Kälte.
Das Hotel war ja voller Mountainbiker. Wie sich herausstellte, war mindestens die eine Gruppe auf dem Weg an den Gardasee. Man müsse heute über einen 3000-Meter hohen Pass, auf dem 90 cm Schnee liegen, war da zu hören. Harte Kerle, diese Mountainbiker.
Ich selber zog mir nach dem ausgiebigen Radlerfrühstück die Thermokleider über und hatte überhaupt keine Lust mit dem Renner weder über Eis noch Schnee zu rutschen. Ich verzichtete auf die beiden Gletscherstrassen bei Sölden und ins Kaunertal.
Mein Weg fĂĽhrte weiter auf dem Inntaler Radweg hinauf bis nach Landeck.
Auf dem Inntaler Radweg herrschte, wie gestern auch schon, Hochbetrieb. Ganze Gruppen von Mountainbikern, irgendwelche organisierten Ausflugsgesellschaften, Familien und Einzelfahrer waren in beiden Richtungen unterwegs. Scheint wirklich ein berühmter Weg zu sein. Und ich finde, über weite Strecken ist er auch sehr schön angelegt, gepflegt und unterhalten.
In Landeck wechselte ich auf die Strasse und schlug die Richtung Paznaunertal, Silvretta-Hochalpenstrasse ein. Wenig nach Landeck empfängt einem das Paznaunertal mit einer langen Kombination von Tunnel und Gallerie. Doch dann wird es über weite Strecken wieder etwas flacher, steigt aber fast immer stetig an.
Einige schmucke Dörfür werden durchfahren. Am wenigsten gefallen hat mir dabei Ischgl. Ein Hotel, ein Appartementsgebäude neben dem andern. Viel Kommerz, fast alles auf Winter ausgerichtet. Da es um die Mittagszeit war, startete ich dort einen Versuch ein Restaurant zu finden. Gibt es aber nicht, wenigstens nichts passendes, wo sich auch ein Velofahrer hineingetrauen würde.
Ein paar Kilometer weiter, in Mathon, werde ich dann fündig. Nach Suppe einem Holzfällersteak, einem Dessert und Kaffee, fühle ich mich genügend aufgewärmt und gestärkt, um auch noch den Rest der Strecke bis zur Bielerhöhe (2032 MüM) unter die Räder zu nehmen. Doch vor der Abfahrt entwickelte sich noch ein interessantes Gespräch mit offensichtlich auch zwei Radrennfahrern, die des öftern auch längere Strecken unter die Räder nehmen. Barcelona sei für dieses Jahr geplant, nach Paris und London in anderen Jahren.
Schon im späteren Morgen hat ein zügiger Wind eingesetzt. Trotz meiner wärmenden Kleider und der stetigen Anstrengung durch die Kurblerei in die Höhe, wurde mir nie richtig warm. Doch die Regenjacke als zusätzlichen Wärmeschutz überziehen möchte ich auch nicht.
Gefühlsmässig wurde die Luft aber trotz der zunehmenden Höhe nicht wirklich kälter. Ich wage sogar zu behaupten, dass auf der Bielerhöhe am frühen Nachmittag, etwa die gleiche Temperatur wie am frühen Morgen in Imst, 1400 Meter weiter unten, herrschte.
Schon auf der Nockalmstrasse und auch jetzt wieder, ist mir aufgefallen, dass die KĂĽhe frei weiden dĂĽrfen. Dazwischen befindet sich mal ab und zu auch noch ein PfĂĽrd. Logischerweise nehmen diese Tiere keine RĂĽcksicht auf den Verkehr, sondern wenn sie mal auf der Strasse stehen, dann muss halt gewartet werden. Ist ja sowieso eher eine Attraktion als ein Hindernis.
Die Bielerhöhe passiere ich im Verlaufe des Nachmittags knapp unter der Schneegrenze. Nebel und Wolken bedecken so ziemlich alle Hügel rundherum. Doch es ist trocken. Ganz im Gegensatz zu anderen Tagen. Denn auf der Strasse befinden sich die eingetrockneten weissen Spuren von Streusalz.
Die Abfahrt auf der Silvretta-Hochalpenstrasse, hinunter ins Montafon, ist eine wahre Freude. Viele Spitzkehren, einige rassig schnelle StĂĽcke. Die einzigen die hier zu leiden haben, sind meine Finger, im kalten Wind an den kalten Bremshebeln.
Nach etwa dreissig Kilometern Abfahrt, breche ich fĂĽr heute diese Etappe ab und suche mir in Schruns ein Hotel.
Seit langem wieder einmal ein Tag, ohne einen einzigen Regentropfen. Alles auf trockenen Strassen gefahren und am Abend lachte sogar die Sonne von einem wolkenlosen Himmel auf meinen Tisch im Esssaal. Ein gutes Zeichen fĂĽr Morgen?