Kaum war ich gestern vom Granon zurückgekehrt, begann es ja zu regnen. Soweit ich das beim gelegentlichen Erwachen in der Nacht mitbekommen habe, musste es fast dauernd, aber nicht besonders stark geregnet haben. Während dem Morgenessen hingen die Nebelschwaden bis weit ins Tal hinunter. Der Hotelier meinte noch, die Prognose verheisse nichts Gutes.
Nach dem Morgenessen, dann das übliche Prozedere mit Einpacken und bezahlen. Über der Sonnencrème lag heute halt das Regenzeug. Der Routinegriff an den Pneu des Renners ging heute ins Leere. Plattfuss, diesmal vorne. Einen zweiten Mantel und Schlauch hatte ich noch. Also wurde nun halt auch noch der vordere Pneu gewechselt. In der Zwischenzeit hatte sich das Wetter völlig verändert. Der Nebel war weg, die Strassen zwar noch nass, aber es sah nicht nach unmittelbarem Regen aus. So blieb das Regenzeug vorerst im Anhänger.
Während der Auffahrt zum Lautaret klarte das Wetter mehr und mehr auf, nur über dem Galibier blieb eine Nebelbank zurück. Die Strasse trocknete immer mehr ab.
Die Strasse Übrigens gut ausgebaut, viel befahren, führt durch verschiedene kleinere Dörfer hindurch. Die meisten scheinen sich auf die Wintersaison zu spezialisieren, nur eines macht gross Reklame für eine Thermalbade-Anlage. Das Gefälle am Lautaret ist tatsächlich nicht besonders heftig, so komme ich bald oben an. Das Passfoto ist rasch geknipst. Ich halte mich nicht lange auf, futtere noch einen Kraftstengel und mache mich an den Galibier. Auch dieser, untendurch und vor dem Tunnel relativ flach. Das mittlere Stück ist etwas heftiger. Ganz schwierig wird es vom Tunnel bis zur eigentlichen Passhöhe. Aber ich habe da auf meiner Fahrt schon längere und steilere Stücke bewältigt.
Die Strasse macht in der Regel relativ grosse Bogen um Felsvorsprünge herum, geht mal tief in eines der Täler hinein, so dass man erst relativ spät zur Passhöhe hinauf sieht. Auf der Strasse verwischt der Verkehr langsam die Spuren und Namen aus der letzten Tour de France.
Mit der phänomenalen Aussicht ist heute nicht viel los. Schön sieht man immer wieder ins Tal hinunter. Am Anfang auf den Lautaret, dann aber auch talaufwärts in Richtung Briancon. Die Berggipfel sind heute die meisten in Nebel und Wolken verhüllt. Sogar die Nebelbank über dem Galibier verfärbt sich langsam ins Schwarze.
Oben angekommen, mache ich meine obligate Passfoto, versuche sonst noch was Schlaues zusammenzuklicken, ziehe meinen Regenschutz als Wärmeschutz über. Denn es weht mittlerweile ein furchtbar kalter Wind durch den Felsschlitz. Wundere mich über die Nordländer, die hier ihr Wohnmobil raufgeknüppelt haben und nun in Badeschlappen und Frottierwäsche / Badetücher rumstehen.
Die Abfahrt gestaltet sich bei diesem Gegenwind mit dem Anhänger etwas schwierig. Die Gegend ist oben durch natürlich eine ziemlich felsige Angelegenheit. Doch nach ein paar Spitzkehren fährt man dann die längste Zeit über Weideland, vorbei an Käseverkaufsständen. Ich glaube das erste nennenswerte Dorf nach ein paar Weilern ist Valloire. Richtig und schon fast unschön, getrimmt auf Wintersport. Der talwärts fahrende Verkehr wird jedenfalls deutlich sichtbar durch das Dorf geleitet.
Hier beginnt die Strasse zum Telegraphe wieder anzusteigen. Ich entledige mich der wärmenden Regenkleider. Die paar Kilometer zur Passhöhe sind bald gefahren. Auf der Passhöhe des Telegraphe dann die Passfoto. Von unten, aus der Maurienne drückt der Nebel hoch. Auch hier halte ich mich nicht lange auf und fahre schon bald auf der gut ausgebauten Strasse in die Tiefe.
Mal ein kurzer Sonnenstrahl macht Hoffnung auf einen schönen Picknickplatz. Die wären zwar da, aber alle, ohne Ausnahme so direkt an der Strasse, dass das keine Freude machen kann, hier mal eine kleine Zwischenverpflegung einzunehmen. Ein Versuch, ein paar Meter ein Waldsträsschen wegzufahren, scheitert kläglich. Komme mir schon bald wie einer öffentlichen WC-Anlage vor. Folgen des Tourismus?
Da mittlerweile auch das Wetter wieder schlechter geworden ist, entschliesse ich mich mal vorerst ein paar Kilometer soweit wie möglich in die Maurienne hinunter zufahren. Das klappt nicht schlecht, bis zu dem Moment, wo der Gegenwind einsetzt. Es ist nämlich so, dass teils auf engstem Raum und zwischen hohen Bergen sich der Fluss L’Arc, die Eisenbahn, die Autobahn und die Strasse den Platz teilen mĂĽssen. Wenn da nun noch der Gegenwind stark zwischen den Fels durchpfeifft wird es mĂĽhsam.
Auf der Höhe von St. Jean de Maurienne finde ich dann aber doch ein Plätzchen um die Beine etwas vertreten zu können und GPS und Karte zu studieren. Die nächste grössere Ortschaft ist La Chambre, am Fuss des Col de la Madeleine. Nachher, und bis Albertville scheint es sehr ungewiss zu sein, noch ein Hotel zu finden.
Bei der Durchfahrt in La Chambre fällt mir sofort das Hotel hier auf. An den Fenstern kleben Velos, auf der Terrasse sitzen Rennvelofahrer, vermutlich eben erst vom Col de la Madeleine heruntergekommen. In Richtung Albertville scheint es zu regnen. So fällt es mir nicht schwer, bereits jetzt nach einer Unterkunft zu fragen. Kaum habe ich meine sieben Sachen im Zimmer ausgebreitet, fallen draussen die ersten Regentropfen.
DafĂĽr, dass die Wetterprognose fĂĽr die ganze Gegend und den ganzen Tag Schauer prophezeite, hatte ich nur den Gegenwind und etwas KĂĽhle zu ertragen, bin aber wenigstens trocken geblieben.