Als Aargauer unterwegs

Spass auf schmalen Reifen

10. August 2009
von Urs
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Radfahrt
Vormittag

bewoelkt_mit_einzelnen_Sonnenabschnitten

Nachmittag

bewoelkt

87.5KM

1491 HM
05:44 H

10. Tag: St. Chaffrey – La Chambre

Kaum war ich gestern vom Granon zurückgekehrt, begann es ja zu regnen. Soweit ich das beim gelegentlichen Erwachen in der Nacht mitbekommen habe, musste es fast dauernd, aber nicht besonders stark geregnet haben. Während dem Morgenessen hingen die Nebelschwaden bis weit ins Tal hinunter. Der Hotelier meinte noch, die Prognose verheisse nichts Gutes.

Nach dem Morgenessen, dann das übliche Prozedere mit Einpacken und bezahlen. Über der Sonnencrème lag heute halt das Regenzeug. Der Routinegriff an den Pneu des Renners ging heute ins Leere. Plattfuss, diesmal vorne. Einen zweiten Mantel und Schlauch hatte ich noch. Also wurde nun halt auch noch der vordere Pneu gewechselt. In der Zwischenzeit hatte sich das Wetter völlig verändert. Der Nebel war weg, die Strassen zwar noch nass, aber es sah nicht nach unmittelbarem Regen aus. So blieb das Regenzeug vorerst im Anhänger.

Während der Auffahrt zum Lautaret klarte das Wetter mehr und mehr auf, nur über dem Galibier blieb eine Nebelbank zurück. Die Strasse trocknete immer mehr ab.

Die Strasse Übrigens gut ausgebaut, viel befahren, führt durch verschiedene kleinere Dörfer hindurch. Die meisten scheinen sich auf die Wintersaison zu spezialisieren, nur eines macht gross Reklame für eine Thermalbade-Anlage. Das Gefälle am Lautaret ist tatsächlich nicht besonders heftig, so komme ich bald oben an. Das Passfoto ist rasch geknipst. Ich halte mich nicht lange auf, futtere noch einen Kraftstengel und mache mich an den Galibier. Auch dieser, untendurch und vor dem Tunnel relativ flach. Das mittlere Stück ist etwas heftiger. Ganz schwierig wird es vom Tunnel bis zur eigentlichen Passhöhe. Aber ich habe da auf meiner Fahrt schon längere und steilere Stücke bewältigt.

Die Strasse macht in der Regel relativ grosse Bogen um Felsvorsprünge herum, geht mal tief in eines der Täler hinein, so dass man erst relativ spät zur Passhöhe hinauf sieht. Auf der Strasse verwischt der Verkehr langsam die Spuren und Namen aus der letzten Tour de France.

Mit der phänomenalen Aussicht ist heute nicht viel los. Schön sieht man immer wieder ins Tal hinunter. Am Anfang auf den Lautaret, dann aber auch talaufwärts in Richtung Briancon. Die Berggipfel sind heute die meisten in Nebel und Wolken verhüllt. Sogar die Nebelbank über dem Galibier verfärbt sich langsam ins Schwarze.

Oben angekommen, mache ich meine obligate Passfoto, versuche sonst noch was Schlaues zusammenzuklicken, ziehe meinen Regenschutz als Wärmeschutz über. Denn es weht mittlerweile ein furchtbar kalter Wind durch den Felsschlitz. Wundere mich über die Nordländer, die hier ihr Wohnmobil raufgeknüppelt haben und nun in Badeschlappen und Frottierwäsche / Badetücher rumstehen.

Die Abfahrt gestaltet sich bei diesem Gegenwind mit dem Anhänger etwas schwierig. Die Gegend ist oben durch natürlich eine ziemlich felsige Angelegenheit. Doch nach ein paar Spitzkehren fährt man dann die längste Zeit über Weideland, vorbei an Käseverkaufsständen. Ich glaube das erste nennenswerte Dorf nach ein paar Weilern ist Valloire. Richtig und schon fast unschön, getrimmt auf Wintersport. Der talwärts fahrende Verkehr wird jedenfalls deutlich sichtbar durch das Dorf geleitet.

Hier beginnt die Strasse zum Telegraphe wieder anzusteigen. Ich entledige mich der wärmenden Regenkleider. Die paar Kilometer zur Passhöhe sind bald gefahren. Auf der Passhöhe des Telegraphe dann die Passfoto. Von unten, aus der Maurienne drückt der Nebel hoch. Auch hier halte ich mich nicht lange auf und fahre schon bald auf der gut ausgebauten Strasse in die Tiefe.

Mal ein kurzer Sonnenstrahl macht Hoffnung auf einen schönen Picknickplatz. Die wären zwar da, aber alle, ohne Ausnahme so direkt an der Strasse, dass das keine Freude machen kann, hier mal eine kleine Zwischenverpflegung einzunehmen. Ein Versuch, ein paar Meter ein Waldsträsschen wegzufahren, scheitert kläglich. Komme mir schon bald wie einer öffentlichen WC-Anlage vor. Folgen des Tourismus?

Da mittlerweile auch das Wetter wieder schlechter geworden ist, entschliesse ich mich mal vorerst ein paar Kilometer soweit wie möglich in die Maurienne hinunter zufahren. Das klappt nicht schlecht, bis zu dem Moment, wo der Gegenwind einsetzt. Es ist nämlich so, dass teils auf engstem Raum und zwischen hohen Bergen sich der Fluss L’Arc, die Eisenbahn, die Autobahn und die Strasse den Platz teilen mĂĽssen. Wenn da nun noch der Gegenwind stark zwischen den Fels durchpfeifft wird es mĂĽhsam.

Auf der Höhe von St. Jean de Maurienne finde ich dann aber doch ein Plätzchen um die Beine etwas vertreten zu können und GPS und Karte zu studieren. Die nächste grössere Ortschaft ist La Chambre, am Fuss des Col de la Madeleine. Nachher, und bis Albertville scheint es sehr ungewiss zu sein, noch ein Hotel zu finden.

Bei der Durchfahrt in La Chambre fällt mir sofort das Hotel hier auf. An den Fenstern kleben Velos, auf der Terrasse sitzen Rennvelofahrer, vermutlich eben erst vom Col de la Madeleine heruntergekommen. In Richtung Albertville scheint es zu regnen. So fällt es mir nicht schwer, bereits jetzt nach einer Unterkunft zu fragen. Kaum habe ich meine sieben Sachen im Zimmer ausgebreitet, fallen draussen die ersten Regentropfen.

DafĂĽr, dass die Wetterprognose fĂĽr die ganze Gegend und den ganzen Tag Schauer prophezeite, hatte ich nur den Gegenwind und etwas KĂĽhle zu ertragen, bin aber wenigstens trocken geblieben.

9. August 2009
von Urs
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Radfahrt
Vormittag

einzelne_Wolken

Nachmittag

leicht_bewoelkt

105KM

2610 HM
07:51 H

9. Tag: Jausiers – St. Chaffrey

Obwohl ich da gestern Abend in einer Jugendherberge gelandet war, durfte sich das Morgenessen durchaus sehen lassen. Pariserbrot, MĂĽesli mit Milch, sogar ein StĂĽck Kuchen war da. Auch die französischen, furchtbar weichen “Teiggebilde”, gefĂĽllt mit Schokolade waren da. Es fehlte lediglich der Käse. Aber ich konnte meine Kalorien fĂĽr den heutigen Tag problemlos auch so zusammensuchen.

Trotz des Sonntags, konnte schon sehr frĂĽh gefrĂĽhstĂĽckt werden. Jedenfalls konnte ich ohne Hetzen das Haus bereits vor 09:00 verlassen. Die paar Kilometer vom Col de la Bonette nach Jausieres hinunter fahren. Dort machte ich wieder mal ganz bewusst Pneudruck-Kontrolle, pumpte hinten und vorne etwas, fĂĽllte die Bidons am Dorfeingang auf und los ging es.

Anfänglich natürlich die gleiche Strecke wie gestern Abend. Durch das schmale Tal des Ubaye hinauf nach St. Paul. Es war in den Tälern noch sehr kühl und schattig. Ich fahre ja schon wieder eine ganze Weile im Grenzgebiet von Italien und Frankreich. Da kleben, manchmal militärische Bauten an den Felswänden. Möglicherweise strategische Überbleibsel aus den Weltkriegen.

Kurz vor St. Paul fahre ich dann an die Sonne. Der Col de Vars hat wenigstens auf dieser Seite praktisch keinen Waldbestand, der etwas Schatten spenden würde. Wie geplant überwindet er den grössten Teil der Höhendifferenz erst im zweiten Teil der Passstrasse. Und wie! Das dürften die angekündigten 14%er gewesen sein, einer nach dem anderen. Ich halt ab und zu an, mache eine Foto, derweil einige andere Velorennfahrer keuchend an mir vorbeiächzen.

Der beschwerliche Teil der Passstrasse ist nicht besonders lang, eben vielleicht fĂĽnf Kilometer. Die Passhöhe selber bietet ausser einem Restaurant und dem ĂĽblichen Kiosk auf solchen “Kult-Pässen” nichts besonderes. Um die Aussicht zu geniessen, muss man ein paar Meter vorher oder nachher anhalten.

Die Abfahrt auf der Nordseite fĂĽhrt dann an einem Bergseelein vorbei, welches aber auch “verkommerzialisiert” ist. Weiter folgt zuoberst ein Skiort, eine richtige unschöne (meine Beurteilung) Retorten-Ortschaft. Weiter unten sind dann diverse kleinere Ortschaften zu durchfahren, welche meiner Meinung nach viel sehenswerter sind. Sie sind teilweise auch schön geschmĂĽckt mit Blumen. Man gibt sich sichtbare MĂĽhe, sich zu präsentieren.

Im Vergleich zur Auffahrt auf der Südseite ist die Strasse auf der Abfahrt der Nordseite mindestens im oberen Teil ein Graus. Schlaglöcher und Flickstellen zu Hauf.

Aussichtsmässig sind die Auffahrt wie auch die Abfahrt wieder einmal ein Genuss. Während bei der Auffahrt, also auf der Südseite, die Hügel eher kahl rasiert und abgeschoren dastehen (Wintersport?) bekommt man auf der Nordseite, bei meiner heutigen Abfahrt, schon fast Heimweh. Sieht irgendwie nach Voralpen aus. Dazwischen aber doch immer wieder enge und tiefe Schluchten, bis man dann nach Guillestre hinunterkommt und sich das Tal der Durance richtig weit öffnet.

Ich fahre ohne Umwege, und weil es Sonntag ist, auf der stark befahrenen N94 Richtung Briancon. Irgendwo dazwischen auf einer Raststätte Mittagessen. Am frĂĽhen Nachmittag durchfahre ich dann Briancon und suche meinen Weg in Richtung Col du Lautaret. Nicht dass ich schon dort hinauf fahren wollte, aber das ist das weitere Ziel. In Chaffrey, Chantemerle wollte ich mir ja noch ein Zimmer suchen. Heute fragte ich mein GPS nach Ăśbernachtungsgelegenheiten. Der Vorschlag zeigte ein Hotel in allernächster Nähe an. Doch das war wegen Umbau geschlossen. Ein paar Meter weiter vorne bin ich dann allerdings im “Plein de Sud” sofort fĂĽndig geworden. Habe meinen Anhänger in die Garage gestellt und das Gepäck ins Zimmer geworfen und sofort zum Col du Granon aufgebrochen.

Welch ein Gefühl, endlich mal ohne den Anhänger herumzufahren. Vermutlich habe ich mich aufgeführt wie ein junges Kalb, das im Frühling zum ersten Mal auf die Wiese darf. Jedenfalls sind sofort alle Muskeln übersäuert, sogar der Kreislauf meldete sich. Gut war da ein Brunnen. Da konnte ich mir die beiden Bidons wieder mal richtig auswaschen und mit frischem Wasser auffüllen. Anschliessend bin ich dann die Sache wesentlich gemütlicher und überlegter angegangen.

Am Morgen bin ich ja bei wolkenlosem Himmel gestartet. Während des Tages haben sich die Wolken dann laufend verdichtet. Nichts besonderes dachte ich. Doch mit dem Beginn des Aufstieges zum Col du Granon, sah ich wie sich ein erster Regenschauer vom Lauteret das Tal hinunter bewegte. Doch auf einmal war er weg, hat sich in irgend ein Seitental verzogen. Später muss es über Briancon geregnet haben, doch auch dieser Schauer verzog sich ohne bei mir ein paar Tropfen zu hinterlassen. Das ist in den Bergen übrigens immer wieder sehr interessant festzustellen, wie und wohin, meist überraschend, sich solche Regenschauer bewegen.

Heute hatte ich einfach Glück. Ich kam trocken, oder nur schweissnass, oben auf dem Col du Granon an. Schoss meine paar Fotos und fuhr sogleich wieder in die Tiefe, denn es wurde immer schwärzer, rundherum. Einen Blick habe ich dennoch auf die Schotterstrasse vom Val de Pres auf den Col du Granon geworfen. Das wäre definitiv nichts mehr für den Renner gewesen. Viel Pfützen, wie mir schien auch viel weicher Dreck auf der Strasse. (Sorry für die Mountainbiker, aber das wollte ich meinem Renner nicht antun.) Auf dem Col du Granon stehen ein paar militärische Gebäude. Der ganze Pass scheint militärisches Sperrgebiet zu sein, doch da kümmert sich anscheinend keiner drum. Die Aussicht wäre sehr toll, auf beide Seiten, würden da nicht soviele schwarze Wolken rumhängen.

Das Gewitter, der Regenschauer kam dann übrigens während ich beim Nachtessen sass. Es plätscherte jedenfalls ganz schön auf die Autos auf dem Parkplatz draussen.

8. August 2009
von Urs
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Radfahrt
Vormittag

leicht_bewoelkt

Nachmittag

wechselhaft_teilweise_Regen

80.9KM

2126 HM
H

8. Tag: St. Etienne de TinĂ©e – Jausieres

Das Morgenessen, heute eher eine einfache Sache. Die für Frankreich üblichen Pariserbrote, etwas Konfitüre und Butter. Auf Wunsch kamen dann noch Milch und Flöckli dazu. Statt einem Joghurt gabs Apfelmus. Naja, Hauptsache der Magen wird gefüllt.

Die Fahrt ging heute wieder praktisch von der Bettkatte an bergauf. Die Gewitter und der Regen von gestern hatten sich verzogen, liessen aber mal die Kumuluswolken noch stehen. So ging es wieder einmal durch schmale Täler, auf schmalen Strassen hinauf zum Col de la Moutière. In Saint Dalmas le Selvange fĂĽhrt die Strasse am Ende eines Parkplatzes weiter. Keine Tafel, nichts. Einfach eine BrĂĽcke und danach der geteerte Feldweg. Also wieder einmal ein völliger Nebenpass. Keine Motorräder, nur ein einziger anderer Velofahrer, keine Mountainbiker. Erstaunlicherweise einer mit einem Wohnmobil, sowie drei Touristen in ihren PW’s, aber die hatten sich wahrscheinlich verirrt. Sie kamen jedenfalls alle zurĂĽck.

Ich genoss die Ruhe in diesem Tal. Ausser dem Zirpen von Grillen, dem Pfeifen der Murmeltiere, hie und da eine Krähe, ab und zu mal ein Bächlein das über ein paar Steine plätscherte, herrschte absolute Ruhe. Der Weg führte nicht allzu steil (oder habe ich schon so viel zusätzliches Training zugelegt), bis weit hinauf durch den Wald. Den Rest des Weges bewältigte ich unter einer Wolkendecke, also wiederum eher bei kühler Temperatur.

Fast zuoberst ĂĽberholte mich der einzige Velofahrer auf dieser Strecke. Wir unterhielten uns kurz und er riet mir, von der Passhöhe rechts in Richtung der Hauptstrasse zum Col de la Bonette zu fahren. Die andere Variante, hinunter nach Bayasse, wie ich mir das geplant hätte, sei “absolument impracticable”. Ich wusste zwar, dass dort Schotterstrasse liegen wĂĽrde, habe mir das aber nach dem Finestre nicht mehr so schlimm vorgestellt.

Bald danach komme ich auf die Passhöhe: Eine unscheinbare Tafel, weit neben der Strasse, markiert den Pass. Eher ein Wanderwegzeichen. Ich fahre ein paar Meter hinunter und bekomme einen schönen Blick auf die “Impracticable”. Es begann jetzt auch leicht zu regnen. Ich begann dem unbekannten Velofahrer zu glauben. Mit den schmalen Rennradreifen auf dem nassen Sand in den groben Steinbrocken; ich verzichtete auf das Experiment der Abfahrt auf dieser Strasse. Ich bog hinĂĽber zur Passstrasse zum Col de la Bonette.

Überraschenderweise ging es ziemlich bergauf, aber auch hier lag nun wirklich Schotter. Doch bergauf mit dem Rennrad auf Schotter ist besser als bergab. Der Regen ging langsam über in einen richtigen Landregen. Nichts heftiges, aber man weiss nie, wann er wieder aufhört.

Nach etwa einer Stunde schieben und fahren komme ich auf die Passstrasse zum Bonette. Der Höhenmesser am GPS zeigt 2650 Meter über Meer, als nur gerade 150 Meter unter der höchsten Passstrasse in Europa. Ich kann es nicht sein lassen und fahre auf der Passstrasse zur Cime de la Bonette, eben dem höchsten befahrbaren Punkt in Europa. (Seite heute Nachmittag ist also meine Grafik am Gepäck falsch, und die ganzen Sommerferien haben im wahrsten Sinne des Wortes einen neuen Höhepunkt erhalten).

Mittlerweile hat auch der Regen aufgehört, obwohl, die Sonne scheint noch nicht wieder. Den Regenschutz lasse ich mal einfach als Kälteschutz übergezogen und fahre hinunter nach Jausieres. Ich beginne mit der Suche nach einem Hotelzimmer. Alles belegt. Ich fahre in Richtung meines morgigen Passes, dem Col de Vars. Der ist anfänglich ziemlich flach, klappere alle Hotels ab, lande schlussendlich in Saint-Paul, der wirklich letzten Gelegenheit bevor die Steigung zum Vars beginnt. Die nette Dame an der Information bemüht sich redlich um eine Unterkunft. Schlussendlich bedeutet dies dann aber doch für mich, wieder 20 Kilometer zurückfahren, und abermals 3 Kilometer auf der Passstrasse zum Col de la Bonette hinaufkurbeln. Ich bin jetzt in einer Jugendherberge gelandet. Schlafe heute Abend in enem Kajütenbett, glücklicherweise allerdings alleine in einem Zimmer für sechs Personen.

Habe mich heute Übrigens entschieden, die Rundfahrt über Cayolles, Champs und Allos wegzulassen. Wie ich gelesen habe, soll das eine wunderbare Tour sein und dazu müsste ja dann auch das Wetter vielleicht etwas besser stimmen, als das im Moment gerade der Fall ist. Dieses Pass-Trio kommt einfach später dran. Wohl ein bisschen als Entschädigung für diesen Entscheid habe mir eben heute Nachmittag die Cime de la Bonette geholt.

7. August 2009
von Urs
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Radfahrt
Vormittag

etwas_Wolken

Nachmittag

gewitterhaft_teilweise_Sonne

68.6KM

1976 HM
06:00 H

7. Tag: Demonte – St. Etienne de TinĂ©e

Der Tag begann für italienische Verhältnisse untypisch. Neben meinem Tisch, stand bereits so eine Art Servierboy mit allem möglichen drauf, was man sich zum Morgenessen wünscht. Sogar eine Sorte Flöckli war da. Überhaupt hatte ich die Dame des Hotels schon beim Nachtessen im Verdacht, dass sie besonders gut zu mir schauen wolle. Ich bekam etwas mehr Tortellini als alle anderen, auch der Salatteller schien mir eine Nummer gehäufter als bei den anderen Gästen. Selbst das Truthahnschnitzel sprengte meine bisherigen Erfahrungen. Zwischen dem zweiten Gang und den Dolci stellte sie mir noch eine Käseplatte hin. Ich konnte nehmen so viel ich wollte. Mittlerweile waren die anderen Gäste schon alle gegangen und sie brachte mir stolz einen Riesencoupe mit Glacé. Soll eine italienische Spezialität gewesen sein. Identifiziert habe ich mit Sicherheit: Schokolade, Vanille und Mocca. Da war aber noch vielleicht Mango drauf und Citrone. Schlagrahm nicht allzu viel, dafür das ganze noch übergossen mit einer Schokoladensauce. Die Dame weiss glaub, was ich gerne habe.

Die Fahrt begann fĂĽr heute einmal relativ flach. Ein paar Kilometer das Tal hinauf bis nach Vinadio, dann ĂĽber eine kleine BrĂĽcke und schon ging es los. Im dichten Wald Spitzkehren, eine nach der andern, aber nicht besonders steil. Dann lange das Tal hinauf, heute immer wieder an Wasserfassungen vorbei. Die haben hier den Vorteil, dass fast ĂĽberall ein Brunnen in der Nahe ist, oder wenigstens ein Rohr, aus dem das ĂĽberflĂĽssige Wasser raussprudelt. Hatte jedenfalls keine MĂĽhe, meine Bidons zu fĂĽllen.

Das Tal ist auch heute wieder sehr eng. Schon ein paar Mal ist mir aufgefallen, Wie viel Holz, entwurzelte oder abgebrochene Bäume entlang der Strasse, oder eben wie heute im Bachbett liegen. Manchmal scheint man richtig zu sehen, aus welchem Seitental, welche Lavine oder Erdrutsch runtergedonnert sein muss. Heute war es sogar so, das über weite Strecken die Leitplanken, sofern es jemals welche hatte, zusammengedrückt, ausgebrochen waren. Auf der Strasse sah man Spuren von Steineinschlägen und von grossem, schwerem Baumaterial. Ich vermute mal, dass da einer der letzten Winter hier im Piemont ganz schön zugeschlagen haben muss.

Mal abgesehen von den Spuren dieser Naturereignisse, fuhr ich auch heute wieder durch ein wunderbares Tal hinauf. Einigermassen regelmässig wechselten sich die ganz steilen Stücke in der Passstrasse mit etwas flacheren ab, so dass zwischendurch immer mal wieder etwas Erholung möglich war.

Das Wetter war bis Mittag ganz ordentlich. Hie und da eine Wolke, ich achtete nicht weiter darauf. Doch kurz bevor ich die Passhöhe erreichte, rumpelte es zum ersten Mal am Himmel. Hinter mir und über den Seitentälern hingen bedrohlich schwarze Wolken herum. In aller Eile knipste ich meine Passfotos und begann in die Tiefe zu fahren. Allerdings nicht ohne vorher festzustellen, dass der Lombarde, von allen die ich in diesen Ferien befahren hatte, vermutlich der mit der grüssten Steinwüste ist.

Hinunter nach Isola 2000. Der Skiort der Gegend. Es wird gebaut, ein Hotelkasten neben den anderen, Mir schien der Ort eine einzige Baustelle zu sein. Das Skigebiet am gegenüberliegenden Hang, vielleicht das Paradebeispiel wie man es nicht machen sollte. Die ganzen Wälder zerfurcht mit Skipisten, planiert kreuz und quer. Überall und ohne Ende stehen Beschneiungsanlagen, vermutlich fix montiert und das ganze Jahr. Aber eben: nur mein Eindruck, gesehen unter einem herannahenden Gewitter.

Ich kam auf meiner Fluchtfahrt nicht besonders weit. Bald knallten die ersten Hagelkörner auf meinen Helm. Auch wenn die nur die Grösse von Splittsteinchen haben, aber das tönt bös am Helm. Schnell suchte ich Schutz unter einer Baumgruppe, zog mir den Regenschutz über und wartete. Aus lauter Langeweile griff ich mal die Pneus des Renners und des Anhängers ab, nach all den Schlaglöchern und Baustellen, man weiss ja nie. Tatsächlich, das Hinterrad war fühlbar weicher. So stellte ich den Renner wieder mal auf den Kopf und fand tatsächlich so eine Art Metallbraue, die offensichtlich so langsam eingedrückt wurde und nun diesen Schleicher auf dem Gewissen hatte. Da ich sowieso alles dabei hatte, es weiterhin kräftig regnete und ich unter dieser Baumgruppe halbwegs geschützt war, wechselte ich gleich mal den Mantel und den Schlauch sowieso.

Die angekĂĽndigte “Autobahn” von Isola 2000 nach Isola hinunter konnte ich nicht wirklich geniessen. Tatsächlich ist sie die breiteste Passstrasse die ich schon jemals gesehen oder befahren habe. FĂĽr eine “Autobahn” hat sie aber doch merkwĂĽrdig viele Spitzkehren. Landschaftlich mĂĽsste es wieder mal toll gewesen sein, diese zum Teil recht enge Schlucht hinunter zu fahren. Doch ich war beschäftigt mit Regenschutz, nasser Strasse und langen Bremswegen.

Unten im Tal, in Isola, entschloss ich mich dann doch noch bis St. Etienne de Tinée raufzufahren. Der Himmel schien mir dort bereits wieder etwas heller zu sein. Doch mit fortschreitender Fahrt, kam auch wieder das Gewitter dazu. Es blitzte und dröhnte in diesen engen Tälern und regnete zu dem ziemlich heftig.

Und wenn Murphy schon mal an der Arbeit ist, dann lässt er auch zu, dass das GPS wiedermal den kĂĽrzesten Weg sucht. Dieser endete heute aber am Ende einer Strasse vor einem RĂĽfenniedergang. Ein letztes Haus, und dann nur noch Felsbrocken. Also umkehren und einen zweiten Versuch auf der ordentlichen Strasse. Dort werden aber die Velofahrer aufgefordert, auf einem separaten Weg nach St. Etienne de TinĂ©e zu fahren. Den kannte das GPS nicht. Ein fĂĽrchterliches Auf und Ab folgte. Etwa einen Kilometer vor dem Dorf ging nun dem GPS auch noch der Strom aus. So ist nun halt die heutige Aufzeichnung ein bisschen zu kurz. Sonst hätte es vielleicht doch noch fĂĽr 2’000 Höhenmeter gereicht.

A propos Murphy: Er schlug dann noch mals zu: in diesem Hotel hat man keinen Keller, oder Garage, oder Remise um einen Renner unterzustellen. Ins Zimmer kann ich ihn nicht nehmen, das Haus ist so verwinkelt und das Zimmer, obwohl mit französischem Bett, so klein, dass er auch keinen Platz mehr hätte. Allerdings: Das Hotel scheint bei den Motorradfahrern bekannt zu sein. Jetzt steht er, zwar etwas an den tannigen Gartenhag gedrückt, aber umzingelt von den Motorrädern. Und weil es immer noch regnet, hoffe ich mal, dass er bis morgen nicht geklaut wird.

6. August 2009
von Urs
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Radfahrt
Vormittag

schoenster_Sonnenschein

Nachmittag

schoenster_Sonnenschein

45.7KM

1545 HM
04:55 H

6. Tag: Stroppo – Demonte

Ein weiterer schöner Tag begann. Ich konnte es in diesem engen Tal vorerst nur ahnen, musste mich richtig zum Zimmerfenster hinauslehnen, um wenigstens ein kleines Stück vom blauen Himmel erspähen zu können. Leider fand das gestrige feine Nachtessen im heutigen Morgenessen keine Fortsetzung mehr. Aber man weiss ja, dass die Italiener nicht die grossen Frühstücker sind.

Die Fahrt fĂĽhrte heute morgen ab Ponte Marmora direkt in den Aufstieg zum Esischie. Schmale kĂĽhle Schlucht, aber irgendwie noch romantisch. Das GPS brauchte eine ganze Weile, bis es endlich seine Satelliten gefunden hatte, da hatte ich dann schon die ersten Wegentscheidungen selber treffen mĂĽssen.

Gemäss meinem Höhenmeterprofil, hatte ich mir einen schön regelmässigen Pass, mit einzelnen Verschnaufpausen vorgestellt. Doch da waren viel mehr zusätzliche flachere StĂĽcke drin. Und irgendeinmal muss man dafĂĽr “bĂĽssen”. Denn die Höhenmeter mĂĽssen doch ĂĽberwunden werden. Und wie!! Da waren selbst die Mountainbiker ĂĽberfordert und haben geschoben. Ich selber musste mehr als einmal die Schieberei anhalten und dazwischen verschnaufen. Wenn das keine 20% waren. Ich trage Schuhe mit den Klickies die in die Gummisohle eingelassen sind. Normalerweise hört man nichts beim gehen. Doch heute, an den steilsten Rampen, rutschte ich auf dem Teerbelag. Ich konnte nur noch auf den Zehenspitzen gehen. Das vielleicht die schwierige Seite des Passes.

Die Strasse geteert, viel Flicken, viel abgerutschte Stellen, manchmal auch richtiger Schotter, mit richtig grossen Brocken. Kaum Verkehr: ein paar Mountainbiker, ein paar Rennvelo, sogar ein paar Motorradfahrer wagten sich hier hinauf. Nicht allzu viel Spitzkehren.

Die Aussicht wieder was vom Schönsten. Anfänglich dichter Wald, aber mit der Zeit und der Höhe wird der lichter und durchlässiger. Viele und schöne Ausblicke ins Tal hinunter oder an die anderen Hügel hinauf. Eigentlich wollte ich an einem kleinen See Mittagspause machen. Doch als ich den dann endlich sah, war ich schon langer darüber. Der See wäre auch zu weit weg von der Strasse gewesen. Vorbei an verlassenen Häusern, auch an irgendeiner Alp wo etwas gefeiert wurde. Es standen jedenfalls alle mit Gläsern auf der Strasse herum. Verschiedene Brücken, wie wir sie vielleicht bei uns aus der Schöllenen-Schlucht kennen. Schönes altes Steingemäuer.

Der Pass Esischie unspektakulär. Ein kleines Schildchen, viel grösser auf der gegenĂĽberliegenden Seite eine Erinnerung an Coppi, vermutlich ist da auch schon mal der Giro d’Italia darĂĽber.

Ich halte mich nicht lange auf, denn ich möchte ja auch noch den dei Morti, den Fauniera wie er auch noch genannt wird, überrollen. Auf dem Weg zum Fauniera fahre ich noch an einem weiteren Passschildchen vorbei. Auch den Vallonetto nehme ich natürlich gerne mit.

Auf dem Fauniera, welcher nur etwa ein Kilometer weiter und 100 Meter höher als der Esischie ist, steht eine riesengrosse Statue von Pantani, neben einem mikrigen Passschildchen.

Die Abfahrt wieder mal spektakulär. Die Strasse leicht besser als beim Aufstieg, aber auch schmaler. Zuerst entlang von Felswänden, ziemlich steil. Enge Kurven auf einem Felsband, teilweise sogar ohne Randsteine. Mit der Zeit machen die Felsen den Wiesen Platz, die Kurven werden etwas Übersichtlicher. Doch die schmale Strasse bleibt die gleiche bis ins Tal hinunter. Ein paar Velofahrer kommen von untern herauf. Man sieht es Ihnen irgendwie an, dass sie am liebsten auch gleich umkehren möchten und mit mir wieder hinunterfahren.

Auch die Abfahrt zeigt grandiose Einblicke in Seitentäler, oder auch talaufwärts. Mehrmals halte ich an, nicht nur wegen der heissen Felgen, sondern einfach um die Natur, das Tal, das Spektakel einen Moment lang zu geniessen. So gefallen mir die Pässe: kein Touristenrummel, man ist unter Gleichgesinnten, zur Belohnung gibts mal einen herrlichen Blickfang und wenn es ganz hoch kommt, auch noch eine sprudelnde Quelle frisches Wasser, direkt neben dem Weg.

Weil mein Anhänger seit vielleicht zwei Tagen immer schiefer am Haken hängt, wollte ich heute mal der Sache richtig auf den Grund gehen. Ich vermutete irgendwas Unklares an den Kupplungen am Renner und stellte mal den Renner auf den Kopf um der Sache nachzugehen. Es dauerte keine zehn Minuten bis der erste Velofahrer dastand, ob ich ein Problem hätte. Und es dauerte ebenfalls nicht lange bis wir uns über meine Sommerferien und das Plakat am Anhänger unterhielten. Einmal mehr bin ich überrascht, wie einerseits die Schweizerfahne sofort erkannt wird und andererseits das Plakat der Anfang zu weiteren Gesprächen ist.

Übrigens glaube ich zur Zeit, dass nichts, weder am Renner noch an der Kupplung defekt ist. Ich versuche morgen mal die Sache gewichtsmässig anders zu packen.


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