… als Spielball der Grossen? So jedenfalls kam ich mir an der heutigen Generalversammlung der Aktionäre vor. In meinen vielen Dienstjahren sind ein paar Aktien aus Dienstaltersgeschenken zusammen gekommen. Ein paar weitere kamen wegen besonderen Leistungen dazu, einige habe ich aber auch schon verkauft. Per Saldo sass ich als Kleinstaktionär zwischen gut 2000 weiteren Aktionären im Saal.
Seit dem vor knapp einem Monat unsere Arbeitsplätze an das andere Stadtende verlegt wurden, findet nun die Generalversammlung erstmals nur noch einen Steinwurf vom Arbeitsort entfernt statt. Klar, da musste ich mal hin, live erleben und hören, wie so eine GV eines richtig grossen Unternehmens abläuft. Übrigens die erste GV die ich überhaupt erlebt habe.
Nach all den formellen Floskeln zum Einstieg in die GV und um dem Gesetz genüge zu tun, wurde vom Verwaltungsratspräsidenten das abgelaufene Geschäftsjahr mit all seinen Schwierigkeiten und den gefällten Entscheidungen ausführlich und eindrücklich nochmals nachgezeichnet. Für den aufmerksamen Zeitungsleser und den recht gut orientierten Mitarbeiter eigentlich nichts wirklich Neues dabei. Auch die Ansprache des CEO nichts wirklich Neues, eher ein Lobgesang, da ja alles noch viel schlimmer hätte sein können.
Vor dem grossen Abstimm- und Wahlprozedere dann die Reden der eingeschriebenen Aktionäre. Auch hier, nicht wirklich etwas überraschendes. Die grossen Themen, wie der Konkurs von Lehman Brothers und damit zusammenhängend die Verluste von vielen Aktionären, das Gezeter um Boni und variable Entschädigungen waren die hauptsächlichsten beiden Themen.
12 Millionen im Saal anwesende Aktienstimmen, gegenüber mehr als 570 Millionen vertretenen Aktienstimmen insgesamt. Wen verwundert es da, dass die Abstimmungsresultate eher an Resultate aus östlichen Regionen oder Diktaturen erinnern? Selbst wenn wir alle dagegen gewesen wären, so hätte dies auf das Endresultat einen negativen Einfluss von nur gerade gut 2 % gehabt.
Da ist mir dann eine Kirchgemeindeversammlung doch noch lieber: mit den dort anwesenden Stimmen, die im Regelfall ja auch kaum mehr als 2 % aller Stimmberechtigten ausmachen, kann wenigstens ĂĽber Fachgeschäfte, Finanzen und Personen abgestimmt werden. Und man kann die sogar “den Bach hinunter schicken” wenn die Stimmberechtigten zusammenhalten.
Ich weiss, das ist eine ganz andere Liga. Aber an der GV eines ganz Grossen, spielen die Aktionäre nur noch die Statisten.